Wie lebt es sich in einem Land, in dem viele nicht lesen und schreiben können? Die meisten Leute haben keinen Pass oder Personalausweis, keine Kreditkarte und keine Postadresse für Warenlieferungen. Wie werden Informationen weitergegeben?
Alles geht erstaunlich gut. Jeder hilft dem anderen, so gut er kann. Man ist sich einig, dass alle im gleichen Boot sitzen. Jeder hat viele Freunde, überhaupt sind Freundschaften sehr wichtig. „Das ist meine Schwester, mein Bruder, meine Mutter etc.“ ist meist nicht wörtlich zu nehmen. Viele arbeiten auf dem Feld, viele beim Fischfang oder auf den (Lebensmittel-)Märkten. Jeder will etwas verkaufen, und wenn es nur Erdnüsse oder Melonen sind. Oder Handy-Zubehör. Es gibt keine Stelle im südlichen Ghana und wo Menschen wohnen, wo man mehr als 100 Meter laufen muss, um wirklich alles zu bekommen, was man zum Leben braucht. Und man braucht nicht viel, um Glücklich zu sein. Immer ist jemand um einem herum, der helfen kann.
Allerdings ist auch jeder mit jedem verschuldet, weil Geld immer knapp ist. Auch in Ghana muss man für eine Hütte Miete bezahlen, und (soweit vorhanden) auch für Strom, und immer schön im Voraus. Für Stromzähler gibt es eine Prepaid-Karte. Weil es keine Personalausweise gibt und Stromzähler einen festen Standort haben, ist diese Karte mit der Zählernummer auch gleichzeitig der Nachweis für den Wohnort, also eine Meldebescheinigung für Behörden, Banken oder bei der Polizei. Nach Wahlen gibt es noch ein weiteres, wichtiges Dokument: die Voter-Card, das ist die Wahlbenachrichtigung, die auch ein Lichtbild enthält.
Informationen werden über Lautsprecher weitergegeben, über lautes Rufen (z.B. bei Tro-Tro- oder Taxi-Fahrten) oder über angemalte Hauswände. Werbung gibt es, läuft allerdings ins leere (weil kein Geld da oder man nicht lesen kann). Die quasi nicht vorhandene Werbung und der überschaubare Besitz ist, so meine ich, der Schlüssel zum Glücklich sein.
Vieles wird auch nur mündlich weiter gegeben, „My mother told me …“ habe ich oft gehört, wenn es um Familientraditionen geht. Übrigens: Eine starke Rolle der Frau (Matriarchat) gab es in den größten Teilen von Ghana. Ihr Besitz wurde (nur) an die Töchter vererbt (lt. meinem Reiseführer). Das hat sich im südlichen Ghana nicht oder nur leicht geändert. Frauen streiten lautstark um die Preise des frisch gefangenen Fisches oder schlagen sich, welche Familie für die Beerdigungskosten aufkommen muss. Die Männer sind überwiegend im Hafen und auf den Felder anzutreffen, oder sind Fahrer von Linientaxis, normalen Taxis und Tro-Tro-Bussen. Frauen sind auf dem Markt und sind für die Kinder zuständig, die auf dem Rücken mitgeschleppt werden. Jugendliche helfen überall selbstverständlich mit. Diese Rollenaufteilung gilt jedoch nur in christlichen Gebieten. In muslimischen Gegenden sitzen die Männer den ganzen Tag faul unter Bäumen und gehen fünfmal am Tag mit gewaschenen Füßen zum Beten in die nächste Moschee.
Was einem im Straßenbild sofort auffällt sind die vielen Kinder. Es wird miteinander gespielt, überall. Fußballplätze gibt es überall und werden jeden Abend intensiv genutzt. Es gibt sehr viele kleine Schulen, die Kinder haben selbstgenähte Schuluniformen und fahren oft mit dem Schulbus zur Schule. Es gehen die meisten, aber längst nicht alle zur Schule.
Im Fernsehen Ghanas laufen Sendungen fast nur über ghanaische oder westafrikanische Themen (Nachrichten, Gesundheitsthemen, Anti-Korruptionskampagnen). Als Unterhaltung sind auch Schnultz-Sendungen aus Indien beliebt. Amerikanische oder internationale Filme habe ich nie gesehen. Einen richtigen Kult wird gemacht über wohlgenährte, tanzende Frauen mit „dicken Ärschen“, vor allem in den Pubs. Da tanzt dann jeder mit. Auch Gospelsongs werden gerne gesehen und gehört, aber auch afrikanische Pop-Songs. Wer einen Fernseher hat, der funktioniert, lässt diesen auch laufen. Wer ein Radio hat, das funktioniert, schaltet dieses auch lautstark ein.








Die Welt verändert sich, auch in Ghana.







Kunst und Kultur
Die Afrikaner legen viel Wert auf ihre eigene Kultur, und man sieht vielerorts Selbstgemaltes oder -Geschnitztes





Ergänzung: weitere Fotos zum Thema „Läden“ nach der Radtour 2020




